Die Überarbeitung

Ich sage es dir lieber sofort, was soll man das Pflaster unnötig langsam abziehen. Die Überarbeitung macht selten Spaß.

Sie kann langweilig und frustrierend, sogar schmerzhaft sein. Wenn du merkst, dass grandios formulierte Sätze in die Tonne müssen, weil sie von doppelten Wörtern nur so strotzen, wenn du erkennst, dass du dich trotz Plot irgendwo verlaufen hast und ganze Kapitel umschreiben musst, ist das bitter. Aber auch hier gilt, vor das Glücksgefühl haben die Götter den Schweiß gesetzt. Da musst du jetzt durch, Jammern hilft nichts. Fangen wir also an.

Lass dein fertiges Manuskript zunächst ruhen. Vier Wochen sind ein guter Wert, du brauchst Abstand zu deiner Geschichte, damit du sie so neutral wie möglich beurteilen kannst. Beschäftige dich mit etwas anderem. Fahr in den Urlaub, arbeite alles auf, was während des Schreibens liegen geblieben ist oder plotte deine nächste Geschichte. Erst nach dieser Ruhephase legst du mit neuer Energie los.

Lies das Manuskript vollständig durch. Am besten auf einem Lesegerät. E-Book-Reader, Smartphone, Tablet. Du kannst es natürlich auch ausdrucken, aber Papier und Tinte sind teuer. Insgesamt geht es darum, dass du schon rein optisch einen anderen Blick auf den Text bekommst. Lies so zügig wie möglich, versetze dich in die Rolle eines Lesers, der sich mit ausreichend Zeit dein Buch vornimmt. Mach dir Notizen zu den Stellen, die geändert werden müssen. Da, wo es unklar ist, da wo es knirscht, da wo es unlogisch wird, da wo die rote Couch sich plötzlich in einen schwarzen Sessel verwandelt hat.

Überprüfe die Charaktere: Stell sicher, dass die Charaktere gut entwickelt sind und im Einklang mit ihren Handlungen und Motivationen stehen. Sind die Handlungen plausibel?

Überarbeite den Stil: Jetzt wird es anstrengend, um nicht zu sagen, fies. Denn du hast deine Sätze ja nicht auf diese oder jene Art geschrieben, weil du sie blöd findest. Trotzdem heißt das nicht, dass man da nicht nicht noch schleifen kann.

Willst du es in Handarbeit machen, gibt der Bestsellerautor A. Eschbach hier eine Anleitung. Er druckt sich seinen Text allerdings aus. Aber worauf man achten muss, bleibt gleich.

Das Schreibprogramm Papyrus bietet eine Stilanalyse, die alles abdeckt. Man kann sie konfigurieren, auch ignorieren. Erschreckend ist ihre Wertung immer und es liegt in der Hand des Autors, was er korrigiert und was nicht. Wenn du deinen Text entmüllt, gereinigt und poliert hast, kommt das Vorlesen dran. Viele verzichten darauf, was ich nicht verstehe. Ja, es kann langweilig sein, man kennt den Text ja schließlich am Besten. Aber gehörte grammatikalische Fehler kreischen bei einem Muttersprachler viel mehr, als gelesene Rechtschreibfehler.

 

Patchwork bietet eine Vorlesefunktion, aber auch das kostenlose Programm Balabolka erfüllt den Zweck.

Dass du sowieso die Rechtschreibfunktion deines Schreibprogramms benutzt hast, unterstelle ich dir einfach 😉

Bist du mit allem fertig (das kann je nach Umfang der Geschichte locker ein paar Wochen in Anspruch nehmen), wird es Zeit, dir Testleser zu suchen. Testleser sollten in deinem Genre bewandert sein. Hast du einen Liebesroman geschrieben, hilft dir ein Krimifan wenig. Menschen, die dich lieben, sind ebenso ungeeignet. Die beste Freundin, die Eltern, die Geschwister sind selten objektiv. Sie wollen dir nicht weh tun. Außenstehende haben da weniger Skrupel und wenn sie ihren Job gut machen, kritisieren sie produktiv. Weisen exakt auf Stellen hin, wo es steinig ist. Solltest du an solche Leute geraten, danke dem Schicksal und halte sie dir warm. Sie sind Gold (und Geld) wert.

Hast du alle Rückmeldungen gesammelt, geht es für dich erneut an deinen Text. Kannst du die Kritik nachvollziehen? Dann korrigiere. Überprüfe Anmerkungen bezüglich Grammatik und Rechtschreibung mit dem Duden.