Die verschiedenen Erzählperspektiven

Die Ich-Perspektive

Die Ich-Perspektive ist die persönlichste Erzählperspektive, denn du erzählst die Geschichte aus der Sicht einer Figur, die mit „ich“ spricht. Dadurch tauchen die Leserinnen direkt in die Gedanken und Gefühle dieser Figur ein. Hier sind fünf Beispiele:

Beispiel 1: „Ich sah den Sonnenuntergang über dem Meer und fühlte, wie die Wellen der Sehnsucht mich überfluteten.“

Beispiel 2: „Ich konnte den Regen auf dem Dachfenster hören, und meine Gedanken trieben wie Blätter auf einem stürmischen Fluss.“

Beispiel 3: „Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als ich die Tür öffnete und die Überraschung des Lebens sah.“

Beispiel 4: „Ich lachte, bis mir die Tränen kamen, als ich den verrückten Tanz der Enten im Teich beobachtete.“

Beispiel 5: „Ich wusste, dass die Entscheidung, die ich treffen musste, mein Leben für immer verändern würde.“

Typische Fehler:

Übermäßige Selbstbezogenheit: Ein häufiger Fehler in der Ich-Perspektive ist, dass die Hauptfigur zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist.  Während Selbstreflexion wichtig ist, kann zu viel davon die Geschichte überladen. Die Hauptfigur sollte nicht ständig über ihre eigenen Gedanken und Gefühle nachdenken, sondern sich auch auf die Handlung und die Interaktion mit anderen Charakteren konzentrieren.

Du brauchst nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, einen Schluck Kaffee herunterzuschlucken. Beschreibe lieber den Typen, der im Cafe neben dir sitzt und dich anhimmelt.

Der „Ich-Erzähler“ kann niemals in die Köpfe der anderen Charaktere sehen. Er kann nur Worte hören, Taten sehen, in der Mimik lesen. Er weiß auch nicht, was woanders gerade passiert oder passiert ist, wenn er die Information nicht irgendwie bekommt.

Monotonie in der Stimme: Wenn die Ich-Perspektive immer in derselben Tonlage erzählt, kann die Geschichte schnell eintönig werden. Es ist wichtig, die Vielfalt in den Gedanken und Gefühlen der Hauptfigur darzustellen, um die Leserinnen zu fesseln. Die menschliche Gefühlspalette ist groß. Vom Wutausbruch bis zum Lachanfall. Von schierer Verzweiflung zu Schmetterlingen im Bauch.

Fehlende Beschreibungen:

Natürlich ist „dein“ Arbeitsweg für dich normal und nicht der Rede wert. Aber der Leser möchte doch gern wissen, ob du mit Auto durch die City musst oder nur die Dorfstraße überquerst.

Am besten erklärst du das mit Handlungen. Noch besser mit Handlungen, die zu Konflikten führen. Das Auto sprang also nicht an (Achtung, Klischee) und du kommst zu spät, Chef meutert.

Eine Gruppe Motorradfahrer brettert frühmorgens durch dein Dorf und du schüttest dir  vor Schreck das Müsli auf die letzte saubere Hose.

Vermeide aber zu viele Details, was den Erzähler selbst angeht. Wenn du dir z.B. an einem völlig normalen Morgen Strümpfe anziehst, ist es egal, welche Farbe die haben oder wie dick die sind. Es sind Strümpfe und du ziehst sie an, basta. Da braucht man nichts zu erklären.

Etwas anderes ist es, wenn du dich für eine Wanderung am Nordpol rüstest und die Wahl der Strümpfe über abgefrorene Zehen entscheiden kann. Gönnst du dieser Wahl einige Worte, erklärst du gleichzeitig  im Kontext, dass „du“ über die Gefahr der Kälte informiert bist und an deinen Zehen hängst. (Und nebenher noch kein Profi bist, was Nordpolwanderungen angeht. Denn sonst würdest du dir die Socken wie an einem normalen Morgen anziehen.)

Oder wenn du dich in der Rolle einer Oscarpreisträgerin wiederfindest, die sich ein Outfit für den roten Teppich überlegt. Was wird für den Leser klar, wenn du beschreibst, wie schwierig die Wahl des Kleides für „dich“ ist? Ist es für die Handlung relevant, dass „du“ unsicher bist, wie dein Outfit ankommt?

Auktorialer Erzähler (Allwissender Erzähler)

Der auktoriale Erzähler ist wie ein unsichtbarer Beobachter, der alles in der Geschichte kennt und enthüllen kann. Er ist nicht Teil der Geschichte. Hier sind fünf Beispiele:

Beispiel 1: „In dem kleinen Dorf am Fuße des Berges gab es ein Geheimnis, das niemand kannte – außer dem auktorialen Erzähler.“

Beispiel 2: „Die Liebe zwischen den beiden war stark, aber der auktoriale Erzähler wusste, dass dunkle Wolken am Horizont aufzogen.“

Beispiel 3: „Die Hauptfigur wusste nicht, dass der auktoriale Erzähler bereits ihre Zukunft kannte, und sie stand vor einer schweren Entscheidung.“

Beispiel 4: „Der auktoriale Erzähler enthüllte, dass der vermeintlich wertlose Gegenstand in Wirklichkeit einen verborgenen Schatz barg.“

Beispiel 5: „Die Leserinnen erfuhren erst am Ende, dass der auktoriale Erzähler selbst ein Teil der Geschichte war.“

 Typische Fehler:

Zu viele Informationen: Ein häufiger Fehler besteht darin, zu viele Informationen auf einmal preiszugeben. Dies kann die Spannung mindern, da es den Leserinnen keine Gelegenheit gibt, selbst Schlüsse zu ziehen.

Fehlende Bindung zu den Figuren: Der auktoriale Erzähler kann dazu führen, dass die Leserinnen sich weniger eng mit den Figuren verbunden fühlen. Autoren sollten dennoch die Gefühle und Gedanken der Charaktere einfühlsam darstellen.

Unscharfe Perspektive: Ein Fehler ist es, keine klare Linie zwischen den Gedanken und Perspektiven der Figuren und des Erzählers zu ziehen. Dies kann zu Verwirrung führen.

Unnötige Einmischung des Erzählers: Der auktoriale Erzähler sollte nicht überall und in alles eingreifen. Ein Fehler besteht darin, die Figuren ständig zu kommentieren oder ihre Handlungen zu bewerten.

Mangelnde geheimnisvolle Elemente: Der auktoriale Erzähler kann dazu neigen, alles zu erklären. Ein Fehler ist es, keine Raum für geheimnisvolle Elemente und Interpretationen zu lassen, die die Leserinnen zum Nachdenken anregen.

Der auktoriale Erzähler ist quasi Gott. Er kennt Vergangenheit und Zukunft. Er weiß alles und kann in jeden Kopf sehen. Er weiß, was die einzelnen Charaktere fühlen und denken. Ein riesiger Unterschied zu der Ich-Perspektive.

Der auktoriale Erzähler darf auch kommentieren, bzw. beurteilen.

Beispiel 1: „So wie die Heldin in ihrem weißen Kleid über die grüne Wiese schritt, war es, als würde sie in einem Musikvideo tanzen. Sie war so perfekt, dass man sie kaum ernst nehmen konnte.“

Beispiel 2: „Mit seinem schwarzen Umhang und seinem diabolischen Lachen sah er aus wie eine Karikatur.“

Beispiel 3: „Als der Held die Heldin zum ersten Mal sah, war es, als würde er sich in einem Traum befinden. Sie war so schön, dass sie wie eine Elfe aus einem Märchen aussah.“

  • Wenn du einen auktorialen Erzähler verwendest, um eine Romanhandlung zu bewerten oder zu kommentieren, solltest du das sparsam tun. Wenn du zu viel kommentierst, kann das die Geschichte stören.
  • Achte darauf, dass dein Kommentar relevant ist und zum Verständnis der Geschichte beiträgt. Er sollte nicht einfach nur deine eigene Meinung oder Interpretation wiedergeben.
  • Sei kreativ und bildhaft in deinen Kommentaren. So kannst du die Aufmerksamkeit des Lesers fesseln und die Geschichte lebendiger machen.

 

 

Personale Erzählperspektive:

In der personalen Erzählperspektive erfahren die Leser die Geschichte aus der Sicht einer einzelnen Figur. Hier sind fünf Beispiele:

Beispiel 1: „Anna sah den Sonnenuntergang über dem Meer und fühlte, wie die Sehnsucht sie überflutete.“

Beispiel 2: „Max hörte den Regen auf dem Dachfenster und ließ seine Gedanken im Sturm treiben.“

Beispiel 3: „Sophie öffnete die Tür und stieß auf die Überraschung ihres Lebens, ihr Herz pochte vor Freude.“

Beispiel 4: „Tom lachte, bis ihm die Tränen kamen, als er den verrückten Tanz der Enten im Teich beobachtete.“

Beispiel 5: „Lena wusste, dass die Entscheidung, die sie treffen musste, ihr Leben für immer verändern würde.“

Typische Fehler:

Beschränkte Sicht: Ein häufiger Fehler in der personalen Erzählperspektive ist eine zu stark eingeschränkte Sicht auf die Welt der Figuren. Dies kann zu Engstirnigkeit in der Geschichte führen.

Verwechslung der Figurenperspektiven: Es kann leicht passieren, dass die Erzählung zwischen den Gedanken und Perspektiven verschiedener Figuren springt. Das kann zu Verwirrung führen, wenn nicht klar ist, aus wessen Sicht erzählt wird.

Fehlende innere Monologe: Die personale Perspektive ermöglicht es, die Gedanken und Gefühle der Figuren zu erkunden. Ein Fehler besteht darin, diese inneren Monologe zu vernachlässigen und die Figuren zu oberflächlich zu behandeln.

Schwache Beschreibung: In der personalen Perspektive ist es wichtig, die Umgebung und die anderen Charaktere durch die Augen der Hauptfigur zu beschreiben. Ein Fehler ist es, diese Elemente zu vernachlässigen, da sie zur Atmosphäre der Geschichte beitragen.

Mangelnde Distanz: Ein Fehler besteht darin, keine ausreichende Distanz zwischen der Autorin und der Hauptfigur zu schaffen. Das kann dazu führen, dass die Autorin zu stark in die Gedanken und Handlungen der Figur involviert ist, was die Objektivität beeinträchtigen kann.

Denk daran, dass z.B. Anna den Sonnenuntergang sah, aber nicht wissen konnte, ob der Charakter neben ihr auch Sehnsucht empfand. Falls der Nebencharakter den Sonnenuntergang als kitschig empfand, konnte Anna das nur seinen Worten, Taten oder der Mimik entnehmen. (Oder sie kannte diesen Charakter schon so lange, dass sie auf Erfahrungswerte zurückgreifen konnte.)

Wechselnde Perspektiven

Das erste Beispiel, dass mir dazu einfällt, ist die Outlander-Serie. Diana Gabaldon wechselt zwischen der Ich-Perspektive (Claire) und der Personalen Perspektive (Jamie meistens) hin und her.

Wir sehen durch Claires Augen, wie sie einen Patienten behandelt, ( Ich-Perspektive) können aber nur an Jamies Worten, Taten, Mimik erkennen, wie er das findet.

In einem anderen Kapitel schildert die Autorin vielleicht, wie Jamie ein Wildschwein erlegt (aus der Personalen Perspektive). Dort haben wir Zugang zu Jamies Gefühlen und Gedanken, aber keine Ahnung von Claires Innenleben.

Da kann man natürlich so wohl als Autor als auch als Leser prächtig durcheinander kommen. Um das zu vermeiden, sollte man nicht innerhalb eines Kapitels wechseln und direkt in den ersten Sätzen des Kapitels klar stellen, aus wessen Sicht man die Geschichte erzählt.